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"Digitale Beteiligungen seit 2007 'State of the Art'"


Beitragsbild Aktuelles 1
01. Oktober 2024

Düsseldorf, 01.10.2024. Seit April können Bauanträge in Dortmund sowohl auf klassischem Wege als auch digital eingereicht werden. Stefan Szuggat, seit März 2023 Beigeordneter für Umwelt, Planen und Wohnen in der Ruhrmetropole, berichtet über die Erfahrungen.

Wie ist die Resonanz inzwischen? Wird die Option des digitalen Bauantrages genutzt?
Die Resonanz ist sehr gut, seit Produktivsetzung wurden bereits mehr als 90 Anträge über das Landesportal gestellt.

Sie haben darauf hingewiesen, dass die Dortmunder Bauaufsicht wertvolle Praxiserfahrungen eingebracht hat, als es darum ging, den digitalen Bauantrag einzuführen. Welche Themen wurden in Ihren Prozessplanungen berücksichtigt?
Die Gestaltung und Priorisierung der Antragsassistenten, sowie die Festlegungen von Pflichtfeldern und Plausibilitätsprüfungen. Weiterhin die Anforderungen für den Import in die jeweiligen Fachverfahren.

Skeptiker sagen, ein schlechter Prozess, der digitalisiert wird, bleibt schlecht. Inwieweit haben Sie im Zuge des Projektes Verwaltungsabläufe optimiert? Wird der digitale Bauantrag dazu beitragen, die gesetzlich angedachten Fristen bei Bauplanung und -genehmigung einzuhalten?
Praktiker empfehlen, den Prozess nicht gleichzeitig zusätzlich zu verändern. Die Bauaufsicht der Stadt Dortmund ist bereits seit 2007 dabei, die internen Prozesse und Abläufe laufend zu kontrollieren und zu verbessern. Die digitalen Grundentscheidungen wurden bereits 2005 mit Einführung eines neuen Fachverfahrens gelegt. Das digitale Baugenehmigungsverfahren gründet auf der gleichen Rechtsgrundlage wie das analoge Verfahren, welches ja auch noch fortbesteht, nämlich der Landesbauordnung. Das digitale Verfahren stellt insofern keinen eigenen Rechts- und Regelraum dar. Die alsbaldige Einführung einer Unterschiedsbauordnung ist hier nicht bekannt. Digitale Beteiligungen sind seit 2007 in Dortmund State of the Art. Sofern digitale Möglichkeiten zu einer Ausdehnung von Beteiligungen und damit zu einer Ermöglichung von Einwendungen Dritter führen, die typische Schnittstellenproblematik, wird auch ein digitales Verfahren keine Änderung bewirken. Im Übrigen gelten die Fristen verfahrensunabhängig.

Von unseren Mitgliedern wird bundesweit beklagt, dass Entscheidungskompetenzen und Spielräume in den Kommunen nur zögerlich genutzt werden und damit Prozesse verlangsamt werden. Haben Sie im Zuge der Einführung des digitalen Bauantrages Kompetenzen gestärkt? Gibt es eine Art Monitoring oder Evaluierung, die eine ständige Optimierung der Abläufe ermöglicht?
Wie bereits erwähnt, findet ein ständiges Monitoring statt, um die Abläufe zu optimieren. Hierzu stehen wir auch mit den Entwicklern der Fachverfahren im ständigen Kontakt. Aufgrund der insbesondere technischen Anpassungen wurden die Anstrengungen hier noch einmal intensiviert.

Trägt der digitale Prozess zu einem transparenten Bearbeitungsprozess bei? Können Sie damit die von der Immobilienwirtschaft oft kritisierten Nachforderungen und Änderungswünsche nach bereits erfolgten Planungen vermeiden bzw. idealerweise ausschließen?
Diese Frage lässt sich kaum seriös beantworten. Aufgrund einer bereits seit mehreren Jahren praktizierten intensiven Prozessanalyse, erfolgt in Dortmund kein Arbeitsschritt der Bauaufsicht zufällig oder gar im Verborgenen. Auch werden größte Anstrengungen unternommen, um eine gleichwertige Sachbefassung unabhängig vom Bearbeitenden, aber auch von den Anstellenden sicherzustellen – z. B. Checklisten, Verfahrenshinweise und Anweisungen, zentrale Fortbildungsmaßnahmen, die insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen gesetzlichen Änderungsfolgen zwingend erschienen. Die Frage der Nachforderungen ist keine systemische Mangelerscheinung des Baugenehmigungsverfahrens, sondern Folge eines mangelhaft gestellten Bauantrages.
Hier macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen analogen oder digitalen Antrag handelt. Sicherlich bietet die Nutzung des Bauportals NRW eine gewisse Antragssicherheit, da hier immerhin eine gewisse Plausibilität hinsichtlich des Antrags und der Beschreibungen erzwungen wird.

KI-Tools steht als nächste Stufe intelligenter Digitalisierung bereits vor der Tür. Planen Sie heute schon ein, dass möglicherweise in einigen Jahren eine Baugenehmigung automatisiert ausgewertet und bearbeitet wird?
Hier sind vor allem die Fachverfahrenshersteller gefordert. Nach unserem Kenntnisstand sind KI-Implementierungen dort noch nicht in Planung, spielen auch vor dem Hintergrund der aktuellen Umsetzungsanforderungen keine Rolle in unserer administrativen Erwägung. Sicherlich bedarf es hierfür erneut erheblicher gesetzlicher Anpassungen. KI kann vielleicht zusätzlich unterstützen beim Ausfüllen der Anträge, doch schon jetzt gibt das digitale Formular Hilfestellungen. Bei der Bewertung von Anträgen jedoch müsste die KI schon sehr gut trainiert sein. Den Einzelfall wird sie kaum kennen können und ob sie lösungsorientiert beraten kann, ist offen. Es ist zu befürchten, dass KI noch kritischer mit schlecht gestellten Bauanträgen umgehen würde als aktuell die Mitarbeitenden der Bauaufsicht.

Lassen sich durch den Digitalisierungsprozess bereits regelmäßig wiederkehrende Standardprüfungen schon automatisieren, sodass der Sachbearbeiter sich auf qualitative Prüfungen fokussieren kann?
Die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörden sind ja gesetzlich festgelegt. Richtig ist, dass ein digital gestellter Antrag hinsichtlich der formalen Vorprüfung den Prozess erleichtern kann. Die formale Prüfung ist aber nicht die Hauptproblematik im Baugenehmigungsverfahren. Wesentlich zeitintensiver ist die inhaltliche Prüfung, einschließlich der hier erforderlichen Beteiligungen der Schnittstellenbehörden. Das kann nur im Einzelfall erfolgen. Da in Dortmund diese Beteiligung bereits seit 2007 digital erfolgt, können besondere Synergieeffekte nicht bestätigt werden.

Foto: Stadt Dortmund