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Die Solardachpflicht kommt - Fragen bleiben offen


Beitragsbild Aktuelles 1
28. Oktober 2024

Düsseldorf, 28.10.2024. Jetzt ist es quasi amtlich: Für Wohngebäude in NRW, für die ab 1. Januar 2025 ein Bauantrag gestellt wird, kommt die Solardachpflicht. Die Dächer der Wohngebäude müssen schrittweise mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden, die mindestens 30 Prozent der gesamten Dachfläche bedeckt. Außerdem gilt ein Optimierungsgebot: Bereits in der Planung sollen Neubauten so gestaltet werden, dass sie sich „so weit wie möglich“ für eine Solaranlage eignen.

Ab 2026 gilt, dass bei Dachsanierungen auch Altbauten mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden müssen. In diesem Fall sind allerdings 30 Prozent der geeigneten Dachfläche für die Ausstattung mit Photovoltaikanlagen vorgesehen. Für Bestandsgebäude mit bis zu zehn Wohneinheiten ist eine Pauschalregelung mit einer Mindestleistung von 3 bis 8 kWp vorgesehen.

Weiteres Schlupfloch für Bestandshalter: Eignet sich eine Dachfläche nicht für die Installation einer PV-Anlage oder ist die Anlage nicht wirtschaftlich, entfällt die Pflicht. Ob sich auf einem Gebäude Dachflächen befinden, die sich aufgrund der Sonneneinstrahlung gut für eine Solaranlage eignen, ist mit dem Solardachkataster im Energieatlas NRW herauszufinden. Wer die Investition in eine eigene Anlage scheut, darf sich freuen: Auch gemietete Solaranlagen bzw. nicht selbst betriebene Anlagen, wie bei Mieterstrom-Anbietern üblich, erfüllen die Solarpflicht.

BFW NRW forderte Nachjustierung
Der BFW-Landesverband Nordrhein-Westfalen hatte in einer Stellungnahme deutlich gemacht, dass bei der Berechnung der zu berücksichtigenden Fläche für PV-Module nachgebessert werden sollte: Die eindeutige Definition der jeweiligen Brutto- (bei Neubauten) bzw. Nettodachfläche (bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes), die der Berechnung des Anteils von Photovoltaikanlagen zugrunde liegt, ist aus Sicht des BFW NRW von großer Bedeutung. Hierbei gilt es, insbesondere bei neu errichteten Mehrfamilienhäusern (MFH) die verschiedenen technischen Einrichtungen, die sich planerisch nicht vermeiden lassen, stärker in Betracht zu ziehen. Dazu zählen Dachauslässe für technische Anlagen (z. B. Lüftungsanlagen), vor allem aber Vorrichtungen zur Absturzsicherung (Seilsicherungssysteme). Diese schließen PV-Anlagen in unmittelbarer Nähe größtenteils aus, da zwischen Seilen und Dachkante keine Module geplant werden können.
„Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Klarstellung notwendig, was zur Brutto- bzw. Nettodachfläche zählt“, so BFW-Landesgeschäftsführerin Elisabeth Gendziorra. Der Vorschlag des BFW NRW lautet daher, auch bei Neubauten die Nettodachfläche als Referenz für die Berechnung des Anteils an PV-Modulen heranzuziehen.

„Allerdings sind mit der Einführung dieser Pflicht naturgemäß Planungs- und Materialkosten verbunden. Bei der Beispielrechnung für ein neu errichtetes Reihenhaus würde die Pflicht, 30 Prozent der Bruttodachfläche mit PV-Modulen auszustatten, etwa zwölf Module und Kosten von etwa 14.000 Euro bedeuten“, kalkuliert Julian von Reumont, Innovationsexperte der Dornieden-Gruppe. Diese Kosten werden zwangsläufig auf den Kauf- bzw. Mietpreis aufgeschlagen und führen so zu einer Mehrbelastung von Käuferinnen und Käufern bzw. Mieterinnen und Mietern. In Zeiten ohnehin steigender Baukosten und hoher Zinsen bedeutet das eine weitere Belastung und wirkt den Zielen der vom Ministerium eingesetzten Baukostensenkungskommission entgegen.
Der Vorschlag des BFW NRW lautet daher, die Mindestmenge an notwendigen Photovoltaik-Modulen zu halbieren. Alles, was darüber hinaus geht, kann als freiwillige Leistung ermöglicht werden, bei der der Anteil natürlich auch über 30 Prozent hinausgehen kann, sofern es technisch umsetzbar ist.

„Darüber hinaus setzen wir im Interesse unserer Mitglieder darauf, dass die mit der Umsetzung dieser Verordnung verbundenen Nachweis- und Genehmigungsverfahren so einfach wie möglich gehalten und sofort als digitale Dienstleistung eingerichtet werden“, fordert der BFW NRW. Befürchtet wird vor allem ein erheblicher Mehraufwand sowohl für Bauträger als auch für technische Dienstleister. Offen bleibt zudem die Frage, wer überhaupt den Antrag für die PV-Anlage stellen darf.

Informationen darüber, für welche Gebäude die Solarpflicht nicht gilt, und wann eine Befreiung von der Solarpflicht möglich ist, finden Sie auf der Website des BFW NRW.

Dazu ein Kommentar von Julian von Reumont, Dornieden-Gruppe:
Ja, Sie haben richtig gelesen: Für die Mindestgröße der Solaranlage im Neubau ist ab 1. Januar 2025 die gesamte Dachfläche ausschlaggebend – nicht nur die dafür tatsächlich zur Verfügung stehende.
Bei Neubauten werden verschattete Dachflächen, Dachfenster, Gauben, Trittstufen für den Rettungsweg, Entlüftungen, Klimageräte und Satellitenschüsseln oder nach Norden gerichtete Dachteile also nicht abgezogen. Praktiker schütteln angesichts solcher Regelungen den Kopf: Sollten beispielsweise Attiken, Kiesstreifen auf Flachdächern oder Garagendächer zur Bruttodachfläche gezählt werden, kann die Pflicht zur Belegung von 30 Prozent der Bruttodachfläche oft technisch gar nicht erfüllt werden. Standardisierte Haustypen haben feststehende Dachflächen, Module für PV-Anlagen haben feststehende Maße. Hat die Bürokratie da kein Einsehen, muss die Gestaltung der Häuser zur Erfüllung der PV-Pflicht durch größere Dächer und mehr Wohnfläche angepasst werden – mit deutlichen Mehrkosten. Die Politik hat der Immobilienwirtschaft mit der Festlegung der Bruttodachflächen einen Bärendienst erwiesen. Fazit: Mit Blick auf die Energieversorgung wäre es auch notwendig gewesen, Quartierslösungen zu berücksichtigen. So können neue Quartiere mit mehreren Gebäuden mittlerweile mit einer positiven Energieverbrauchsbilanz umgesetzt werden, ohne dass auf jedem Dach Photovoltaikmodule installiert werden. Und auch der Gedanke, 30 Prozent der Netto-Dachfläche festzulegen, ist nicht der schlechteste.

Foto: Marina Lohrbach - stock.adobe.com