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Der Traum vom digitalen Bauantrag


Beitragsbild Aktuelles 1
09. Oktober 2024

Düsseldorf, 09.10.2024. Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für das Bauen stetig zu verbessern. Doch wie weit sind die Kommunen in NRW, wenn es um den Digitalen Bauantrag geht? Wir haben die 60 größten Kommunen in NRW gefragt, rund ein Drittel hat geantwortet.

Bereits 2018 hatte das NRW-Bauministerium zusammen mit sechs Kommunen das Modellprojekt „Digitales Baugenehmigungsverfahren in Nordrhein-Westfalen“ gestartet. Die Gemeinden, Städte und Kreise beteiligten sich freiwillig und ohne finanzielle Unterstützung des Landes am Modellprojekt, weil sie auf Fortschritte bei der Bearbeitung von Bauanträgen setzten. Mit dabei waren die Kreise Gütersloh und Warendorf und die Städte Dortmund, Ennepetal, Köln und Xanten. Ziel: Die insgesamt 212 unteren Bauaufsichtsbehörden bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens zu unterstützen und einen Standardprozess zu erarbeiten.

Das digitale Baugenehmigungsverfahren soll Bauen schneller machen. Seit Herbst 2021 verfügt das Bauportal in NRW über einen Antrags- und Dokumentenassistenten. Dieser startete zunächst mit dem einfachen Baugenehmigungsverfahren nach § 64 der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen 2018. Weitere Antragsverfahren wurden im Laufe des Jahres 2022 entwickelt und zur Nutzung freigegeben. Mithilfe des Assistenten können Bauanträge und weitere Unterlagen komplett digital an die zuständige Bauaufsichtsbehörde übermittelt werden, wenn diese an das Bauportal angeschlossen ist. Mit der Änderung der Landesbauordnung zum 1. Januar 2024 ist das Schriftlichkeits- bzw. Unterschriftenerfordernis für den Bauantrag und die Bauvorlagen zur Erleichterung der Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens entfallen.

Digital heißt nicht schneller
Wird Bauen nun schneller? Die Kommunen in NRW halten sich da eher bedeckt. Rund die Hälfte der antwortenden Kommunen wollten dazu keine Prognose abgeben, beispielhaft dazu die Aussage der Stadt Moers auf die Frage nach einem Vergleich der Bearbeitungszeiten. „Die Form der Antragstellung und der Bescheidung hat keinen Einfluss auf die inhaltliche Prüfung eines Bauantrages. Die Bauvorlagen müssen weiterhin den Anforderungen der Bauprüfverordnung (BauPrüfVO) entsprechen – was leider selten der Fall ist. Und ein Bauvorhaben muss weiterhin die Anforderungen an den Brandschutz, die Barrierefreiheit, den planungsrechtlichen Vorgaben etc. erfüllen. Sprich, die Kopfarbeit der prüfenden Ingenieure sowohl in der Bauaufsicht aber auch in den zu beteiligenden Fachbehörde wie der Unteren Naturschutzbehörde, der Feuerwehr oder dem Landesbetrieb Straßen.NRW bleibt die gleiche“, so Pressesprecher Klaus Janczyk. Gleichzeitig wird deutlich, dass noch einige Hemmnisse zu beseitigen sind: „Mit Änderung der Landesbauordnung ist es derzeit zulässig, den Bauantrag und die Bauvoranfrage, wie auch Anträge auf Abweichungen und Befreiungen in Textform bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Damit wird es möglich, ein Genehmigungsverfahren durch Zusenden einer E-Mail mit dem Antragsformular und den benötigten Bauvorlagen nach Bauprüfverordnung (BauPrüfVO) als angehängte pdf-Dateien auszulösen. Es ist jedoch zu beachten, dass eine E-Mail nicht die Anforderungen nach § 9 Bundesdatenschutzgesetz (BSDG) erfüllt. Es ist der Bauaufsicht daher nicht möglich, Nachrichten und Informationen per E-Mail zu versenden, wenn darin personenbezogene Daten enthalten sind. Insbesondere ist es nicht zulässig, eine Baugenehmigung per E-Mail zu erteilen“, führt Janczyk aus. Daher werden in Moers zur Erteilung der Baugenehmigung weiterhin zwei Ausfertigungen der Bauvorlagen auf Papier benötigt. Nach BFW-Recherche ein durchaus gängiges Verfahren. Überliefert ist auch der Satz eines Mitarbeiters im Stadtplanungsamt einer westdeutschen Großstadt, der da sagte: „Ein Bauantrag ist für mich dann vollständig, wenn er in zweifacher Ausfertigung gebündelt und in Ordnern sortiert vor mir liegt.“

Münster überzeugt
Die Stadt Münster hat sich unter den Befragten zur Vorzeige-Kommune in puncto digitaler Bauantrag entwickelt: Das Projekt zur Einführung des digitalen Bauantrages ist im Mai 2021 mit vorbereitenden Maßnahmen für die Anbindung der Stadt Münster an das Bauportal.NRW gestartet. Im August 2023 wurden ausgewählte Entwurfsverfassende im Rahmen einer Testphase gebeten, über das Bauportal.NRW erste digitale Anträge einschließlich der Bauvorlagen einzureichen. Daraufhin wurden noch im selben Jahr insgesamt acht Anträge komplett digital bei der Stadt Münster eingereicht. Die Vorbereitung hat sich offenbar ausgezahlt: Seit 1. Januar 2024 sind von Antragstellenden und Entwurfsverfassenden über das Bauportal NRW bis 30. Juni 2024 insgesamt 127 Anträge eingegangen.
Die Münsteraner Verwaltung rechnet nach Abschluss des noch laufenden Transformationsprozesses zur digitalen Bearbeitung damit, „dass sich die Bearbeitungsdauer der Anträge künftig messbar reduzieren wird.“ Konkreter beziffert es Elke Verfürth aus der Abteilung für Bauaufsicht und Denkmalschutz der Hansestadt Herford: „Die Bearbeitungszeit im Genehmigungsverfahren reduziert sich durchschnittlich um fünf bis sieben Arbeitstage aufgrund der zeitgleichen Behördenbeteiligung, der Reduzierung der Abstimmungsprozesse durch zeitgleiche Zugriffsmöglichkeiten auf die gesamten Verfahrensdaten für alle am Prozess beteiligten Personen und den Wegfall des Postweges.“

Die Umfrage zeigte, dass die Kommunen mit unterschiedlichem Elan an das Projekt „digitaler Bauantrag“ herangehen. „Wir haben das Projekt angestoßen, stehen dazu aber auch noch mit dem Ministerium im Austausch“, erklärte Christoph Winkel, Pressesprecher der Stadt Dorsten. Ähnlich klingt es in Castrop-Rauxel, wo die Verantwortlichen ebenfalls im Austausch mit dem Ministerium stehen. Hier seien in jüngster Zeit deutliche Fortschritte gemacht worden, so dass die Anbindung der Stadt zur digitalen Antragstellung „in absehbarer Zeit“ zu erwarten sei. Noch in diesem Jahr möchte die Stadt Velbert an die offizielle Einführung gehen; im Juli lief eine Testphase mit ausgewählten Anträgen. 2026 möchte auch die Stadt Troisdorf in den Kreis derer aufrücken, die das Verfahren nutzen. In Lünen wird derzeit nach Auskunft von Daniel Claeßen (Leitung Kommunikation und Medien) die Fachsoftware der Bauordnung für den digitalen Bauantrag „fit gemacht“. Hier heißt es: „Die Bauaufsicht Lünen ist über den aktuellen Entwicklungsstand des Bauportals NRW informiert und behält sich einen Anschluss an das in Entwicklung befindliche Portal vor.“

Komplexität moderner IT-Landschaften sorgt für hohen Abstimmungsbedarf
Beobachtet wird aktuell auch noch in Leverkusen. „Einen formal vollständigen digitalen Bauantrag gibt es derzeit und in absehbarer Zeit noch nicht“, heißt es in der E-Mail. In einem weiteren Passus wird die Hoffnung deutlich, dass es in Folge der Bemühungen des Bauministeriums um eine Kommunikationsplattform im Portal künftig ein Instrument geben könnte, das „eine vollständige digitale Einreichung und Kommunikation zwischen den Beteiligten [...] ermöglicht.“

Auch in Duisburg geht es nur in kleinen Schritten voran: Seit einiger Zeit, so die Information aus dem Presseamt, werde an der kompletten Erneuerung der IT-Infrastruktur im Bereich der Unteren Bauaufsicht und der Denkmalbehörde gearbeitet. Momentan können Anträge noch nicht rein digital eingereicht werden. „Die Komplexität moderner IT-Landschaften mit Anbindungen des Fachverfahrens an verschiedene Systeme stellt einen hohen Abstimmungs- und Anpassungsaufwand dar“, so der Duisburger Pressesprecher Malte Werning. „Schwierig sind auch personelle Ressourcen, sowohl seitens der Behörde als auch von Seiten der notwendigerweise zu beteiligenden Firmen.“

Rheine mit Alternativlösung
Überraschend die Auskunft aus dem westfälischen Rheine: Hier hat die Kommune nach dem Beginn des Projektes zum digitalen Bauantrag lange auf das Bauportal NRW gewartet. Unsicherheiten bezüglich des Bauportals sorgten dafür, dass sich die Stadt im Jahr 2023 für eine externe Lösung entschieden hat, um das Projekt „digitaler Bauantrag“ zu realisieren. Auch in Rheine ist man sich sicher, dass die Akzeptanz des digitalen Antrages mit einer verpflichtenden Regelung für Bauvorlageberechtigte steht und fällt.